Warum Surfen und Yoga so gut zusammenpassen und warum viele Männer immer noch Vorurteile haben

Interview mit Stefan Heinrich, Autor, Surfer und Yogi

Surfer haben schon lange Yoga für sich entdeckt. Gelenkigkeit, Konzentration und Kraft sind bei dem Wassersport wichtig, aber auch Dehnübungen für danach, damit die beanspruchten Muskeln nicht verkürzen. Sich mit Yoga fit zu halten, körperlich und geistig, das versprechen sich sogar einige prominente Wassersportler:

Der amerikanische Profisurfer Kelly Slayter schwört schon lange auf Yoga. Der mehrfache Weltmeister im Bodyboard-Surfen Amaury Lavernhe von La Réunion hält sich mit Yoga mit.

Dennoch hält sich das Vorurteil, das Yoga nichts für Männer sei, hartnäckig. Stefan Heinrich hat sich dazu Gedanken gemacht und erzählt seine eigene Yoga-Geschichte in einem Interview mit Katja Thomsen, Yoga am Meer.

 

Zunächst zu seiner Person:

Stefan Heinrich ist in der Nähe des Bodensees aufgewachsen – seitdem verbringt er so viel Zeit er kann auf, am oder im Wasser. Er ist begeisterter Wellenreiter und Kitesurfer, und wenn er nicht gerade als Journalist irgendwo in der Welt auf der Suche nach neuen Geschichten ist, findet man ihn sehr wahrscheinlich mit seiner Familie an irgendeinem Surfspot. Als Basis hat er Hamburg gewählt, wo er die Sommermonate verbringt, um Dokumentationen für das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu produzieren. Im Winter ist er mit seiner Frau und dem Sohn in Portugal, wo er neben viel Zeit im Line up zuletzt ein Buch über seine Leidenschaft geschrieben hat: „111 Gründe, surfen zu gehen“. „Ich kann nicht ohne Surfen, Wellen und Ozean“, gibt der Gründer der bekannten Surf- und Kitesurfblogs travelonboards und surflovetravel zu.

Stefan hat Sport studiert und hätte es eigentlich besser wissen müssen – und doch ist er erst vor einigen Jahren aus der Not heraus mit Yoga angefangen – wie es dazu kam erzählt er hier:

Viele kommen zum Yoga, wenn der Leidensdruck groß ist. Wie war das bei Dir?

Leider genauso! Meine Frau wollte mich immer schon dazu bewegen, mal mit ihr zum Yoga zu gehen – ich habe da aber damals nicht so viel davon gehalten. Ein großer Fehler, wie sich im Nachhinein rausgestellt hat. Denn auf einem Surftrip in Sri Lanka bin ich eines Morgens plötzlich nicht mehr aus dem Bett gekommen – mein Rücken hat total gestreikt. Ich denke, eine Mischung aus Stress und der Dummheit, mich vor der Surfsession nicht aufzuwärmen, hatten dazu geführt, dass ich „Rücken“ hatte. Ein Leiden, mit dem ich vorher noch nie zu tun hatte! Mein Glück im Unglück war, dass wir zu der Zeit in einem Ayurveda Retreat waren und ich mich einfach zu ein paar Schritte zum Yoga schleppen konnte. Der alte, sehr erfahrene Yogi hat sich dann um mich gekümmert und ich konnte sogar noch in dem Surfurlaub wieder aufs Brett – mehr Beweise, wie gut Yoga tut und wie sehr es das Surfen unterstützt brauchte ich nicht. Aber ich bin sozusagen über die Schmerzen zum Yoga „gezwungen“ worden.

Wie oft machst Du Yoga? Und gibt es eine Lieblingsübung?

Auf Surftrips versuche ich täglich, auf die Yogamatte zu kommen, im Alltag so ein- bis zweimal die Woche. Meine Lieblingsübung ist tatsächlich der Sonnengruß – ich weiß, ihr Yogaprofis müsst jetzt wahrscheinlich schmunzeln – aber für mich ist es die perfekte Übung. Ich habe danach das Gefühl, das mein Körper ganzheitlich „wach“ ist und ich mich bis in die Extremitäten spüre. Ich habe mal 100 Sonnengrüße hintereinander gemacht – danach war mir, als schwebte ich ein paar Zentimeter über dem Boden.

Warum passen für Dich Yoga und Surfen so gut zusammen?

Auch wenn Surfen ein wahnsinnig gutes Training für den Köper ist – es beansprucht einige Muskelgruppen doch sehr einseitig. Nacken-, Schulter- und Rückenmuskulatur arbeitet 99 Prozent der Zeit auf dem Wasser in eine Richtung, wer da nicht dagegen dehnt oder Ausgleichsübungen macht, der wird es früher oder später zu spüren bekommen. Yoga liefert genau das – und noch viel mehr. Neben der Haltekraft wird einfach die Flexibilität der Muskeln erhöht, und das kommt Surfern sehr zugute. Wer schon mal richtig gute Surfer beobachtet hat, der stellt fest, dass sie extrem flexibel und dynamisch auf dem Brett stehen. Turns zum Beispiel werden durch die Drehung des Oberköpers eingeleitet, wer da nicht weit genug rum kommt versemmelt den Cutback. Nicht umsonst schwören Weltklasse-Surfer wie der elfmalige Weltmeister Kelly Slater auf Yoga – der Typ wird es ja wohl wissen: Er ist inzwischen fast 50 Jahre alt und surft immer noch wie ein junger Gott!

 

Warum meinst Du, wird Yoga immer noch hauptsächlich von Frauen praktiziert und von vielen Männern belächelt?

Tja, ich bin das beste Beispiel – Männer halten Yoga für zu langweilig. Wir wollen beim Sport immer Action, Gefahr und was weiß ich nicht noch was. Vielleicht sind wir da von Medien und Industrie geprägt worden, vielleicht steckt es in unserer DNA: Männer müssen raus, etwas erleben, das große Abenteuer! Können sie ja auch, aber der Ausgleich dazu muss eben auch da sein – und genau das ist Yoga inzwischen für mich: Ruhe, Entspannung, Wellness für Körper und Geist. Ich finde jeder Mann müsste sich dazu verpflichten, wenigstens einmal Yoga auszuprobieren – wer dann immer noch nichts damit anfangen kann: In Ordnung. Aber mein Tipp ist, jeder zweite Mann kommt auch noch ein zweites Mal auf die Matte!

Stefan Heinrich